Chemische Experimente

Experiment des Monats
November 2003

Antazida

Jahr der Chemie

Etwa ein Drittel der Bundesbürger leiden regelmäßig unter Sodbrennen. Dabei steigt Magensaft in der Speiseröhre auf und verursacht ein unangenehmes Brennen. Antazida sollen die Magensäure teilweise neutralisieren und damit dem Sodbrennen entgegenwirken. Antazida werden außerdem bei Magengeschwüren verordnet. Als Antazida kommen unterschiedliche anorganische Substanzen zum Einsatz. Die beiden hier vorgestellten Versuche zeigen die unterschiedliche Wirkungsweise der verschiedenen Antazida.

Experiment des Monats

Geräte und Chemikalien:
verschiedene Antazida, z.B. Bullrich Salz®, Trigastril®, Rennie®, Talcid® oder andere,
verdünnte Salzsäure, Universalindikator (Bereich pH 1-10)
Erlenmeyerkolben 1000 ml, Erlenmeyerkolben 100 ml, Luftballons.

Durchführung:
1. Für jede Probe einen 1000 ml Erlenmeyerkolben etwa zur Hälfte mit 0,1-molarer Salzsäure füllen. Dies entspricht einem durchschnittlichen Mageninhalt. Die Lösung mit flüssigem Universalindikator anfärben. Der Indikator zeigt pH 1 an. Nun die empfohlene Dosis der Antazida pulverisieren und zur Salzsäure geben. Der pH-Wert ändert sich. Es stellen sich Werte zwischen pH 4 bis pH 8 ein. Bei einigen Präparaten ist eine Gasbildung erkennbar.
2. Einen 100 ml Enghals-Kolben mit etwa 20-30 ml 10%iger Salzsäure füllen. Pulversierte Antazida in einen Luftballon geben und den Ballon über den Kolbenhals stülpen. Nun den Ballon aufrichten, sodaß das Pulver in die Säure fällt. Bei einigen Wirkstoffen bildet sich eine so große Gasmenge, daß der Ballon aufgeblasen wird.

Erklärung:
Alle Antazida enthalten Stoffe, die mit Säuren reagieren und diese neutralisieren. Es kommen dabei aber unterschiedliche Verbindungen vor:
Bullrich Salz® enthält vor allem Natriumhydrogencarbonat (Natron), die Hauptwirkstoffe von Rennie® sind Calciumcarbonat und Magnesiumcarbonat. Trigastril® besteht aus einem Gemisch von Aluminiumoxid und Magnesiumhydroxid, in Talcid® ist die wirksame Substanz Hydrotalcit, ein Aluminium-Magnesium-hydroxid-carbonat-hydrat.
Bei der Reaktion der Carbonate mit der Magensäure entsteht CO2. Alkalimetall-Carbonate reagieren dabei sehr schnell, Erdalkalimetallcarbonate langsamer. Bei der schnellen CO2-Freisetzung können bei empfindlichen Menschen unangenehmes Aufstoßen und Völlegefühl auftreten. Die Carbonate reagieren vollständig mit der Magensäure, der pH-Wert kann dabei vom stark sauren Ausgangszustand mit pH 0,8-1,5 bis in den neutralen oder (vor allem bei Überdosierung) in den schwach alkalischen Bereich angehoben werden. Therapeutisch sinnvoll wäre jedoch das Einstellen eines pH 3-4. Bei höheren pH-Werten sind die Verdauungsenzyme des Magens nicht mehr aktiv und die desinfizierende Wirkung der Magensäure fällt aus. Aluminium- und Magnesiumoxide sind nur im sauren Bereich löslich. Sie reagieren daher nur so lange mit der Magensäure, bis das Milieu auf maximal pH 5 angestiegen ist. Dann endet die Wirkung der Antazida, die überschüssige Menge bleibt unverändert.
Antazida sind grundsätzlich nur bei gelegentlich auftretender Hyperazidität ("Übersäuerung" des Magens) einzusetzen. Bei häufigem Auftreten deren Symptome (Sodbrennen, Magendruck) sollte unbedingt ein Arzt aufgesucht werden.

Gefahren: ätzend
Salzsäure ist ätzend.

Entsorgung:
Die neutralisierten Lösungen können zum Abwasser gegeben werden.

Literatur & Links:
M. Petersen-Braun, U. Gessner, B. Drechsler, J. Salzner, G. Wagner:
   "Arzneimittel und Chemie - Unterrichtsmaterialien für einen zeitgemäßen Chemieunterricht"
   Leverkusen: Bayer Vital, 2003
G. Wolf, A. Flint: "Rennie räumt nicht nur den Magen auf"
   Naturwissenschaften im Unterricht - Chemie, Nr. 55 (01/2000), 16-20
Jens Salzner & Beate Drechsler: "Wirkung, Wechselwirkung, Nebenwirkung"
   Vortrag auf der Jahrestagung der GDCh Fachgruppe Chemieunterricht, Weingarten, 13.09.2002
Julia Freienberg & Alfred Flint: "Antazida und Backpulver"
   Vortrag auf der Jahrestagung der GDCh Fachgruppe Chemieunterricht, Weingarten, 12.09.2002

Herrn Prof. Dr. Alfred Flint (Rostock) und Herrn Jens Salzner (Frankfurt/Main) danke ich sehr herzlich für die Hinweise und die Unterstützung.


Oktober 2003: Kupfer/Zink-Lokalelement

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Seite erstellt am: Freitag, 31. Oktober 2003, A. Schunk, CCC Univ. Erlangen.

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