Experiment des Monats
April 2000

Enol-Titration nach K. H. Meyer

Aldehyde und Ketone stehen in wässriger Lösung im Gleichgewicht mit ihrer Enol-Form ("Keto-Enol-Tautomerie"). Bei Aceton liegt das Gleichgewicht fast vollständig auf der Seite des Ketons. Bei Acetessigester beträgt der Anteil des Enols etwa 7,5%. Die hier gezeigte Reaktion wurde 1912 von KURT H. MEYER zur Bestimmung des Enolgehalts verwendet.

Experiment des Monats Experiment des Monats Experiment des Monats

Geräte und Chemikalien:
Reagenzglas, Becherglas mit Eiswasser, Becherglas mit warmem Wasser (ca. 60oC).
Acetessigester, salzsaure 0,05-molare Eisen(III)chlorid-Lösung, Bromwasser (oder Jodlösung).

Durchführung:
5 ml einer 1%igen Lösung von Acetessigester in Wasser in ein Reagenzglas geben und 5 Tropfen FeCl3-Lösung zufügen. Die Lösung färbt sich dunkelrot. (I) Die Lösung in Eiswasser abkühlen (< 3oC) und Bromwasser bis zur Entfärbung zutropfen. (II) Wird die Flüssigkeit erwärmt, tritt erneut eine Rotfärbung ein. (III) Nach Abkühlung kann wieder durch eine Bromwasserzugabe entfärbt werden usw..

Erklärung:
Acetessigester steht in wässriger Lösung im Gleichgewicht mit seinem Enol, wobei etwa 7,5% der Ester-Moleküle in der Enol-Form vorliegen.

Keto-Enol-Tautomerie
Das Enol kann mit Fe3+-Ionen rotviolette Chelat-Komplexe bilden. Wird nun Brom zugegeben, kommt es zur Addition des Halogens an die C=C-Doppelbindung des Enols. Die Eisen-Komplexe werden zerstört und dadurch die Lösung entfärbt. Bei tiefen Temperaturen ist die Enolisierung stark verlangsamt (Aktivierungsenergie!), die aus dem Gleichgewicht entfernten Enol-Moleküle werden nicht aus der Keto-Form nachgebildet. Erst bei Temperaturerhöhung stellt sich das Gleichgewicht wieder ein, die roten Komplexe werden neu gebildet.
Wird der Versuch quantitativ durchgeführt, z.B. durch Titration mit einer eingestellten Brom-Lösung, kann aus dem Verbrauch der Enol-Gehalt berechnet werden. Dabei muß die Lösung aber auf -10oC abgekühlt und die Addition bei dieser Temperatur durchgeführt werden.

Gefahren:
Brom (Bromwasser) und Salzsäure sind ätzend. Eingeatmete Bromdämpfe führen zu schweren Lungenschäden -> mit Bromwasser nur im Abzug arbeiten.

Entsorgung:
Die Lösungen kommen zum organischen Lösungsmittelabfall.

Literatur & Links:
"Chemisches Praktikum für Mediziner" - CCC, Institut für Organische Chemie der Univ. Erlangen-Nürnberg Versuch 8.2
H. Beyer, H. Walter, W. Francke: "Lehrbuch der Organischen Chemie" - Stuttgart, Leipzig: Hirzel, 1998 (23. Aufl.) - S. 312-313
Organikum, 18. Aufl. (1990), S. 476

Herrn Professor i.R. Dr. Hans Hofmann, Bamberg / Erlangen und Frau Dipl.-Chem. Gisela Martinek, Univ. Erlangen-Nürnberg danke ich sehr herzlich für die Hinweise.


März 2000: Herons Sonnenbrunnen

Archiv




<- zurück zum aktuellen Experiment

Seite erstellt am: Freitag, 31. März 2000, A. Schunk.